deutsch Esperanto    


In Esperanto kann man sich genauer ausdrücken als in der eigenen Muttersprache

TEIL 1 - FLEXIBILITÄT DES AUSDRUCKS
TEIL 2 - PRÄZISION DER ZEIT- UND MODALFORMEN
TEIL 3 - MÄCHTIGKEIT DER WORTBILDUNG
TEIL 4 - UNTERSCHEIDUNG VON BEDEUTUNGSVARIANTEN

TEIL 1 - FLEXIBILITÄT DES AUSDRUCKS

Der Wortschatz von Esperanto kann als aus zwei Teilen bestehend gesehen werden: der eine Teil ist ein Fundus von ca. 150 "Strukturwörtern" (siehe Liste unten), die ohne angehängte Endung verwendet werden können.

ALLE ÜBRIGEN Wörter in Esperanto müssen durch eine eindeutige Endung einer bestimmten Wortart zugeteilt werden, und zwar identifiziert dann -o ein Substantiv, -a ein Adjektiv, -e ein Adverb, und für Verben gibt es -i (Infinitiv), -u (Volitiv und Befehlsform), -as (Gegenwart), -is (Vergangenheit), -os (Zukunft), -us (Konditional). Für Substantive und Adjektive gibt es eine eindeutige Pluralform mit -j und einen Objektfall (Akkusativ) mit -n, die auch kombinierbar sind. Die Endung -n dient auch der Angabe von Zeitpunkt oder Richtung; in letzterer Funktion kann sie auch auf Ortsadverbien angewendet werden. Genitiv und Dativ werden dagegen mit Hilfe der Präpositionen de und al gebildet.

Liste der endungslos verwendbaren Wörtchen:

Pronomen: mi ich, ci du (alt), li er, ŝi sie, ĝi es, ni wir, vi ihr/du/Sie, ili sie, oni man, si (reflexiv)
Zahlwörter: nul null, unu eins, du zwei, tri drei, kvar vier, kvin fünf, ses sechs, sep sieben, ok acht, naŭ neun, dek zehn, cent hundert, mil tausend, ambaŭ beide
Tabellwörter: SACHE EIGENSCHAFT ORT PERSON, IDENTITÄT GRUND ZEIT ART UND WEISE BESITZ MENGE
kio
was
kia
was für ein ...
kie
wo
kiu
wer, welches
kial
warum
kiam
wann
kiel
wie
kies
wessen
kiom
wieviel
tio
dies
tia
solch ein ...
tie
dort
tiu
dieser, dies
tial
darum
tiam
zu dieser Zeit
tiel
so
ties
dessen
tiom
so viel
io
etwas
ia
irgendeine Art von ...
ie
irgendwo
iu
jemand, etwas
ial
aus irgendeinem Grund
iam
irgendwann
iel
irgendwie
ies
jemandes
iom
irgendeine Menge
ĉio
alles
ĉia
alle Arten von ...
ĉie
überall
ĉiu
jeder, jedes
ĉial
aus allen Gründen
ĉiam
immer
ĉiel
auf jegliche Art
ĉies
aller
ĉiom
die gesamte Menge
nenio
nichts
nenia
keine Art von ...
nenie
nirgendwo
neniu
niemand, nichts
nenial
aus keinem Grund
neniam
niemals
neniel
auf keine Art
nenies
niemandes
neniom
keine Menge/nichts
übrige: adiaŭ adieu, ajn irgend ..., al zu, almenaŭ wenigstens, ankaŭ auch, ankoraŭ noch, anstataŭ anstatt, antaŭ vor, apenaŭ beinahe, apud neben, oder, baldaŭ bald, ĉar weil, ĉe bei, ĉi (näherliegend), ĉirkaŭ etwa/um...herum, ĉu ob, da (Partitiv), de von, des desto, do also, dum während, sogar, ek! los!, ekde seit/ab, ekster außerhalb, el [heraus] aus, en in, fi pfui, for weg/fort/hinaus, fri frei [Haus], ĝis bis/tschüss, hieraŭ gestern, hodiaŭ heute, inter zwischen, ja ja (bekräftigend), jam bereits, je um, jen da/voilE/span>, jes ja, ju je...[desto], ĵus gerade eben, kaj und/sowohl/als auch, ke dass, kontraŭ gegen, krom außer, kun mit, kvankam obwohl, kvazaŭ gleichsam, la der/die/das, laŭ gemäß, malgraŭ trotz, mem selbst, minus minus, morgaŭ morgen, ne nicht/nein, nek weder/noch, nu na, nun nun, nur nur, ol [mehr] als, per per/mittels/durch, plej am meisten, pli mehr, plu [nicht] mehr, plus plus, po zu je, por für, post nach, preskaŭ beinahe, preter an...vorbei, pri über (ein Thema), pro wegen, sed aber, sen ohne, sub unter, super über (räumlich), sur auf, tamen dennoch, tra durch, trans trans, tre sehr, tro zu [sehr], tuj sofort
Aussprachehinweise

Die ersten drei Spalten der Tabellwörter nehmen eine "Sonderstellung" ein:
sie werden bezüglich der Formenbildung genauso behandelt wie die endungsbehafteten Wörter auf -o (Substantive), -a (Adjektive), und -e (Adverbien).
Die Wörter auf -u in der vierten Spalte können wahlweise als Substantive oder (attributive) Adjektive eingesetzt werden.
Die Tabellwörter "kio", "kia ...", und alle rechts in der Zeile daneben können sowohl als Fragewörter als auch als Relativpronomen benutzt werden.

Durch Austausch der Endung kann in Esperanto die Wortart beliebig angepasst werden, was in anderen Sprachen nur teilweise möglich ist, da sich sonst merkwürdige oder unverständliche Formen einstellen. Nehmen wir zum Beispiel das Wort "trajno" (Zug):

Flexible Anpassung der Wortart in Esperanto:

trajno(Substantiv): Mi veturas per trajno al Munkeno.= Ich fahre mit dem Zug nach München.
trajne(Adverb): Mi veturas trajne al Munkeno.= Ich fahre "zugerweise"(?) nach München.
trajn- (Wortzusammensetzung): Mi trajnveturas al Munkeno.= Ich "zugfahre"(?) nach München.
trajnas(Gegenwartsform des Verbs): Mi trajnas al Munkeno.= Ich "zuge"(?) nach München.
trajnis(Vergangenheitsform des Verbs): Mi trajnis al Munkeno.= Ich "zugte"(?) nach München.
trajnos(Zukunftsform des Verbs): Mi trajnos al Munkeno.= Ich "werde" nach München "zugen"(?).
trajnus(Konditionalform des Verbs): Mi trajnus al Munkeno.= Ich "würde" nach München "zugen"(?).
trajni(Infinitiv des Verbs): Mi volas trajni al Munkeno.= Ich möchte nach München "zugen"(?).
trajna(Adjektiv): Kia bela trajna vojaĝo!= Was für eine schöne "zugische"(?) Fahrt!
Aussprachehinweise
Anstelle von "al Munkeno" kann auch der Richtungs-Akkusativ "Munkenon" eingesetzt werden.

Das obige Beispiel soll exemplarisch aufzeigen, dass man sich in Esperanto auf viel mehr Arten ausdrücken kann als auf deutsch, und außerdem, dass man sich beim Übersetzen ins Esperanto an die in der eigenen Muttersprache oder einer anderen Quellsprache gebräuchliche Ausdrucksweise flexibler anlehnen kann als in jeder anderen Sprache.


TEIL 2 - PRÄZISION DER ZEIT- UND MODALFORMEN

In Esperanto werden drei Zeitstufen unterschieden, d.h. wir können über die Vergangenheit, die Gegenwart, oder die Zukunft sprechen. Alle anderen "Zeitformen" betreffen nicht die Zeitstufe, sondern sind Zeitaspekte: damit wird ausgedrückt, ob wir von dem Zeitpunkt aus, über den wir gerade sprechen, nach rückwärts blicken, das Geschehen also schon passiert ist (perfektiver Aspekt), oder ob das Geschehen gerade vor unseren Augen abläuft (Verlaufsaspekt), oder ob das Geschehen unmittelbar bzw. in Kürze bevorsteht, oder von uns erwartet wird (Futur-Aspekt).

Für die drei Zeitstufen verwendet Esperanto die Verb-Endungen -is (Vergangenheit), -as (Gegenwart), und -os (Zukunft). Für die Zeitaspekte benutzt Esperanto Partizipien, diese werden aus dem Verbstamm durch Anhängen einer besonderen Endung gebildet, und zwar: -inta (Partizip des Vergangenen: perfektiver Aspekt), -anta (Partizip der Gegenwart: Aspekt des gegenwärtigen Verlaufs), -onta (Partizip Futur: vorwärtsblickender bzw. Futur-Aspekt). Anders als im Deutschen, wo als Hilfsverb mal "sein" und mal "haben" eingesetzt wird, ist es in Esperanto immer das Hilfsverb "esti" (sein), das zum Einsatz kommt.

Zeitbezogene Formen des Verbs "manĝi" (essen) im Aktiv

mi manĝisich aß
mi estis manĝintaich hatte gegessen
mi estis manĝantaich war gerade beim Essen
mi estis manĝontaich hatte gerade vor zu essen
mi manĝasich esse
mi estas manĝintaich habe gegessen
mi estas manĝantaich bin gerade beim Essen
mi estas manĝontaich habe vor zu essen
mi manĝosich werde essen
mi estos manĝintaich werde gegessen haben
mi estos manĝantaich werde gerade beim Essen sein
mi estos manĝontaich werde vorhaben zu essen
Aussprachehinweise

Auch ganz andere Aspekte können in Esperanto ausgedrückt werden: z.B. kann der "Beginn einer Handlung" besonders hervorgehoben werden durch das Präfix ek-: "ekmanĝi" bedeutet "anfangen zu essen", während der "zielgerichtete Aspekt" durch das Präfix fin- ausgedrückt wird: "finmanĝi" bedeutet "zu Ende essen, aufessen". Wofür manche Sprachen spezielle Verbformen ausgebildet haben, reichen in Esperanto zuweilen ein paar simple Wortbildungssuffixe, die bei Bedarf an den Verbstamm angehängt werden. So kann z.B. ein länger verlaufendes Geschehen durch die Nachsilbe -ad- verdeutlicht werden: "manĝadi" bedeutet "anhaltend/lange essen". Das "würdig sein" oder "wert sein" wird durch die Nachsilbe -ind- erreicht, und wenn es um "müssen" geht, dann kommt (anstelle des lateinischen a.c.i.) die Nachsilbe -end- zum Einsatz, wenn man nicht mit Modalitätsverben wie "devi" (müssen), "voli" (wollen), oder "povi" (können) umschreiben will. Siehe die folgenden Beispiele:

Zusätzliche Aspekte und Modalitäten:

mi ekmanĝasich beginne zu essen
ŝi finmanĝos la kukonsie wird den Kuchen aufessen
li manĝadis du horojner aß zwei Stunden lang
tiu kuko estas manĝindadieser Kuchen ist essenswert
tiu kuko manĝindasdieser Kuchen ist essenswert
tiu kuko estas manĝendadieser Kuchen muss gegessen werden
tiu kuko manĝendasdieser Kuchen muss gegessen werden
Kartago estas detruendaKarthago muss zerstört werden
Aussprachehinweise

Zur Bildung der Passivformen stehen übrigens drei weitere Partizipien zur Verfügung, nämlich -ita, -ata, und -ota: diese werden ebenfalls zusammen mit dem Hilfsverb "esti" verwendet, z.B. bedeutet "mi estas vidata" ("vidi" = sehen) nichts anderes als "ich werde gesehen". Und "mi estis vidata" spielt in der Vergangenheit und besagt "ich wurde gesehen", während "mi estas vidita" in der Gegenwart spielt und "ich bin gesehen worden" ausdrückt ... alles klar?

Für den Ausdruck von Bedingungen (Konditional) nach Art von "wenn ich Geld hätte, wäre ich glücklich" verwendet Esperanto die Verb-Endung -us, also: "se mi havus monon, mi estus feliĉa". Entsprechend auch: "se mi estus havinta monon, mi estus estinta feliĉa" - wenn ich Geld gehabt hätte, wäre ich glücklich gewesen".

Für Befehle gibt es in Esperanto die Endung -u (ohne Personalpronomen), z.B. "venu!" bedeutet "komm!" oder "kommt!".
Zusammen mit einem explizit genannten Personalpronomen entspricht es aber eher einem "romanischen" Konjunktiv oder Volitiv und drückt eine Aufforderung bzw. "sollen" aus:

Anwendung der "Konjunktiv"-Endung -u:

manĝu!iss!, esst!
ŝi esperas ke li manĝusie hofft, dass er essen möge
ni manĝu!lasst uns essen!
li venuer soll kommen
kion mi faru?was soll ich machen?
mi ne scias, kion mi faruich weiß nicht, was ich machen soll
Aussprachehinweise

Diese kurze Darstellung der Möglichkeiten, die Esperantosprechern bei Verben zur Verfügung stehen, sollte aufzeigen, dass man sich in Esperanto sowohl zeitlich als auch modal überaus präzise ausdrücken kann, was keineswegs nicht nur anspruchsvollen Übersetzungsvorhaben, sondern auch der alltäglichen Kommunikation im realen Leben zugute kommt. Überdies verbessert das Beherrschen der vielen Zeit- und Modalformen von Esperanto den Durchblick in anderen Sprachen ungemein!

Und dafür muss man nicht mal viel lernen, denn jede Verbform ist für alle Personen (ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie) gleich - und die Endungen wiederum sind für alle Verben gleich ...


TEIL 3 - MÄCHTIGKEIT DER WORTBILDUNG

In Esperanto können - wie im Deutschen - neue Wörter durch Kombination bereits existierender Wörter gebildet werden, zum Beispiel:
amo (= am-o, Liebe)+letero (=leter-o, Brief))amletero (= am-leter-o, Liebesbrief)

Es können aber auch Präfixe oder Suffixe mit definierter und gleichbleibender Bedeutung eingesetzt werden und mit ihrer Hilfe Ableitungen zu vorhandenen Wörtern gebildet werden. Auch Kombinationen aus mehreren Präfixen und mehreren Suffixen sind möglich (und üblich).

Esperanto-Vorsilben
Präfix:BedeutungAnwendungsbeispiele
bo-angeheiratetfrato (Bruder), filo (Sohn)bofrato (Schwager), bofilo (Schwiegersohn)
dis-auseinanderfali (fallen), rompi (brechen)disfali (auseinanderfallen), disrompi (zerbrechen)
ek-loslegen (Inchoativ)manĝi (essen)ekmanĝi (anfangen zu essen)
eks-ehemaliggeneralo (General)eksgeneralo (Ex-General)
fi-moralisch verwerflichulo (Kerl)fiulo (Dreckskerl)
fin-bis zum Ende tuntrinki (trinken)fintrinki (austrinken)
for-hinaus, weg, fortiri (gehen)foriri (hinausgehen, fortgehen)
ge-beiderlei Geschlechtsamikoj (Freunde)geamikoj (Freunde & Freundinnen)
mal-logisches Gegenteilsata (satt), soifa (durstig)malsata (hungrig), malsoifa (??)
mis-falsch, fehlerhaftkalkuli (rechnen)miskalkuli (sich verrechnen)
ne-nicht, Verneinungsoifa (satt), hela (hell)nesoifa (nicht durstig), nehela (nicht hell)
pra-vorzeitlich, Ur-avo (Großvater), tempo (Zeit)praavo (Urgroßvater), pratempo (Vorzeit)
re-wieder, zurückveni (kommen)reveni (wiederkommen, zurückkommen)
vir-männlichhundo (Hund), bovo (Rind)virhundo (Rüde), virbovo (Stier)
Esperanto-"Nachsilben"
Suffix:BedeutungAnwendungsbeispiele
-aĉ-physisch schlechtdomo (Haus)domaĉo (Bruchbude)
-ad-langdauernd (Durativ)legi (lesen), kuri (laufen)legadi (lange lesen), kuradi (dauerlaufen)
-an-Mitgliedklubo (Klub)klubano (Klubmitglied)
-ant-Aktiv-Partizip der Gegenwartlegi (lesen)esti leganta (beim Lesen sein, lesend sein)
-aĵ-Sachetrinki (trinken)trinkaĵo (Getränk)
-ar-Menge, Ansammlungarbo (Baum), ligno (Holz)arbaro (Wald), lignaro (Holzhaufen)
-at-Passiv-Partizip der Gegenwartlegi (lesen)esti legata (gelesen werden)
-ĉj-männliche KoseformPeter (Peter)Peĉjo (Peterle)
-ebl-möglich, -bartrinki (trinken), vidi (sehen)trinkebla (trinkbar), videbla (sichtbar)
-ec-Eigenschaftbela (schön), longa (lang)beleco (Schönheit), longeco (Länge)
-eg-groß, Vergrößerungvirkato (Kater)virkatego (Riesenkater)
-ej-Ortbaki (backen), gasto (Gast)bakejo (Backstube), gastejo (Herberge)
-em-Neigung zudrinki (Alkoholisches trinken)drinkemi (gerne Alkoholisches trinken)
-end-Notwendigkeit, muss ...detrui (zerstören)detruenda (muss zerstört werden)
-er-Teil, Bruchteilakvo (Wasser), kuko (Kuchen)akvero (Wassertropfen), kukero (Kuchenkrümel)
-estr-Chefstacio (Bahnhof)staciestro (Bahnhofsvorsteher), estro (Boss)
-et-klein, Verkleinerungdomo (Haus), ridi (lachen)dometo (Häuschen), rideti (lächeln)
-i-Landitala (italienisch)Italio (Italien) [auch: Italujo, siehe -uj-]
-id-Kind von ...bovo (Rind), ĉevalo (Pferd)bovido (Kalb), ĉevalido (Fohlen)
-ig-bewirken, veranlassenforta (stark), ruĝa (rot)fortigi (stark machen), ruĝigi (rot machen)
-iĝ-(von selbst) werden, geschehenforta (stark), ruĝa (rot)fortiĝi (stark werden), ruĝiĝi (rot werden, erröten)
-il-Werkzeug, Mittelskribi (schreiben)skribilo (Schreibwerkzeug)
-in-weiblichpatro (Vater), onklo (Onkel)patrino (Mutter), onklino (Tante)
-ind-wert, würdig, man sollte ...vidi (sehen)vidinda (sehenswert)
-ing-Halterovo (Ei), glavo (Schwert)ovingo (Eierbecher), glavingo (Schwertscheide)
-int-Aktiv-Partizip Perfektlegi (lesen)esti leginta (gelesen haben)
-ism-Denkart, -ismusspirito (Geist)spiritismo (Spiritismus)
-ist-baki (backen), instrui (lehren)bakisto (Bäcker), instruisto (Lehrer)
-it-Passiv-Partizip Perfektlegi (lesen)esti legita (gelesen worden sein)
-nj-weibliche KoseformMaria (Maria), patrino (Mutter)Marinjo / Manjo (Mariechen), panjo (Mama)
-obl-Vielfachesdu (zwei), tri (drei)duoble (doppelt), trioble (dreifach)
-on-Bruchteildu (zwei), tri (drei)duono (Hälfte), triono (Drittel)
-ont-Aktiv-Partizip Futurlegi (lesen)esti legonta (vorhaben zu lesen)
-op-zu je ... (Distributiv)kvar (vier), kvin (fünf)kvarope (zu je vieren), kvinope (zu je fünf)
-ot-Passiv-Partizip Futurlegi (lesen)esti legota (im Begriff sein, gelesen zu werden)
-uj-Behältnis, Etui, auch: -Baum, -Landpomo (Apfel), germana (deutsch)pomujo (Apfelbaum), Germanujo (Deutschland)
-ul-Person, Kerljuna (jung), drinkemi (gern Alkoholisches trinken)junulo (Jugendlicher), drinkemulo (Säufer)
-um-"Jokerform" (wenn nichts anderes passt)aero (Luft), plena (voll)aerumi (lüften), plenumi (erfüllen)
Aussprachehinweise

Hier ein paar kombinierte Beispiele zum Selbst-Nachvollziehen:

Ein "praarbarego" (pra-arb-ar-eg-o) ist also ein "riesiger Urwald" (Wortstamm arb- = Baum),
ein "malsanulejo" (mal-san-ul-ej-o) ist der Ort, wo sich die Kranken befinden (Wortstamm san- = gesund), d.h. ein Krankenhaus - dafür kann man aber auch "hospitalo" sagen,
und "gejunuloj" (ge-jun-ul-o-j) sind "Jungs und Mädchen" (Wortstamm jun- = jung).
Ein "pomarbeto" (pom-arb-et-o) ist ein kleiner Apfelbaum (Wortstämme pom- = Apfel, arb- = Baum),
aber ein "pometarbo" (pom-et-arb-o) wäre dagegen ein Baum mit kleinen Äpfeln.

Da bekommt man doch gleich Lust, sich noch weitere Kombinationen auszudenken!
Und soweit sie Sinn machen, sind es automatisch korrekte Esperantoworte und werden von Esperantosprechern mühelos verstanden.


TEIL 4 - UNTERSCHEIDUNG VON BEDEUTUNGSVARIANTEN

Wörter einer Sprache haben nur selten eine einzige Bedeutung.

Betrachten wir einmal z.B. das deutsche Wort "schwer": da gibt es einen schweren Stein, einen schweren Sturm, eine schwere Krankheit, ein schweres Leben, einen schweren Tag, eine schwere Stunde, eine schwere Mathematikaufgabe, einen schweren Wein, ein schweres Essen, einen schweren Fehler usw.

In einer Englisch-Übersetzung finden wir dafür ganz verschiedene Wörter:
a heavy stone, a heavy storm, a serious illness, a hard life, a hard day, a grave hour, a difficult math problem, a strong wine, a stodgy food, a bad error usw.

Und auch bei Übersetzung ins Esperanto zeigt sich dieser Effekt:
peza ŝtono, forta ŝtormo, serioza malsano, peniga vivo, prema tago, grava horo, malfacila matematikproblemo, forta vino, malfacile digestebla manĝaĵo, grava eraro, usw.

Beim Übersetzen kommt man also nie umhin, sich Gedanken über die genaue Bedeutung des Gesagten in der einen UND in der anderen Sprache zu machen, um das jeweils am besten treffende Wort auswählen zu können. Dabei ist diese Wahl oft nicht eindeutig, es kommt darauf an, welchen Aspekt man ausdrücken will: geht es um das tatsächliche oder übertragen empfundene Gewicht, so ist in Esperanto "peza" richtig. Hat man die eventuell "schwerwiegenden" Folgen im Auge, so nimmt man besser "grava" oder "serioza". Denkt man bei "schwer" eher an Mühsal, so wird "peniga" besser passen und "prema" ist das Wort der Wahl, wenn die Schwere als drückend empfunden wird, usw.

Die Wahl des richtigen Wortes richtet sich bei Esperanto allerdings nur nach der auszudrückenden Bedeutung, bei anderen Sprachen wie z.B. dem Englischen müssen zusätzlich auch noch die idiomatischen Verwendungen des gewählten Worts mit berücksichtigt werden, damit sich nicht unfreiwillig ein komischer Effekt oder gar eine andere Bedeutung ergibt.

In Esperanto hat das Wort "peza" immer die Bedeutung "schwer nach Gewicht", entweder im physischen oder in naheliegend übertragenem Sinn (Esperanto "pezakore" = schweren Herzens). Im Englischen ist das Wort "heavy" dagegen viel weniger eindeutig, da es auch in weitläufig übertragenem Sinn benutzt wird, wie z.B. in "a heavy book" (ein schwerverständliches Buch) oder in "a heavy drinker" (einer, der viel und häufig Alkohol trinkt).
Übrigens unterscheidet man in Esperanto zwei Wörter für "trinken", nämlich: "trinki" und "drinki" - das letztere ist die alkoholische Variante.


Ergebnis:
Esperanto erlaubt sowohl hohe Präzision als auch hohe Flexibilität des Ausdrucks und lässt in dieser Hinsicht die sog. "natürlichen" Sprachen inklusive Deutsch hinter sich.

Das in Esperanto verfügbare Wortbildungssystem ist derart mächtig, dass es praktisch möglich ist, aus einem einzigen Wortstamm ein ganzes Wortfeld abzuleiten, und dabei können auch noch allerlei Nuancen gezielt gebildet werden. In nicht so systematisch erweiterbaren Sprachen wie z.B. in Deutsch stößt man bei der Wortbildung auch als Muttersprachler schnell an Grenzen, die für Esperantosprecher nicht gelten (was wäre z.B. die deutsche Übersetzung von "malsoifa"??).

Beim Übersetzen aus dem Deutschen ins z.B. Englische muss man sehr aufpassen, da die Wörter beider Sprachen vielfältige Bedeutungsvarianten in sich tragen - allerdings nicht dieselben ... Im Falle einer Übersetzung aus dem Deutschen ins Esperanto hat man es viel leichter, da so wenigstens die Wörter der Zielsprache nur wenig Bedeutungsvarianten besitzen - insbesondere keine, die sich Einem erst nach langem Sprachstudium erschließen.

All diese Eigenschaften erleichtern es dem Sprecher bzw. Schreiber, sich der Bedeutung dessen sicher zu sein, was er gesagt oder geschrieben hat. Inklusive aller beabsichtigter Nuancen. Und ebenso hilft es dem Leser bzw. Zuhörer, genau das zu verstehen, was der andere gemeint hat.

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