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Ausführlich: der "Quantensprung-Computer" Sinclair QL
1984-1986   (Großbritannien)

"Quantensprung" heißt auf englisch "Quantum Leap", daher der Name "QL"
Der erste erschwingliche Computer mit 32-bit-CPU, echtem Multitasking-Betriebssystem und Fenstertechnik


QL mit deutscher Tastatur, links ein externes 90mm-Floppylaufwerk (720 KiB) nebst eingeschobenem Floppycontroller,
rechts die zwei im QL-Gehäuse integrierten Microdrivelaufwerke (je 110 KiB)

Ich habe meinen ersten QL (Version AH, mit englischer Tastatur) im Oktober 1984 für 1599 DM (ohne Monitor) in München gekauft, dazu einen Farbmonitor (Digital-RGB), und war sofort begeistert, und die wenigen bekannten Fehler der AH-Version verschwanden dann ein paar Monate später, als ich das Betriebssystem-ROM gegen die verbesserte JS-Version austauschte (siehe die Modellübersicht zum Sinclair QL). Meine Microdrives haben zwar immer zuverlässig funktioniert, aber im Frühjahr 1985 habe ich meinen QL zusätzlich mit einer 512 KiB Speichererweiterung und zwei 90mm-DD-Floppylaufwerken (je 720 KiB) ausgestattet, um größere Datenmengen speichern zu können. 130mm-Floppylaufwerke für den QL hatte es auch 1984 bereits gegeben, aber ich habe damals auf die mir wesentlich attraktiver erscheinenden 90mm-Laufwerke gewartet. Oben abgebildet sind mein zweiter QL von 1986 (Version MGG, mit deutscher Tastatur), ein Floppylaufwerk von MP und ein monochromer Philips-Videomonitor.

Der Sinclair QL war der erste Computer mit der damals brandneuen Motorola 68008 CPU: diese verfügt über acht 32 Bit breite Rechenregister (D0-D7) und neun 32 Bit breite Adress-Register (A0-A7). Das heißt, dass ich als Programmierer nur einen einzigen Maschinenbefehl brauche, um z.B. zwei 32-bit-Zahlen miteinander zu addieren.

Es gibt zwar Techniker, die nicht müde werden zu betonen, dass in der 68000 CPU (und damit auch im 68008) nur eine 16-bit-ALU eingebaut ist, die bei 32-bit-Operationen heimlich zwei oder drei Schritte machen muss, um ein 32-bit-Ergebnis abzuliefern, und der 68000 deswegen "nur eine 16-bit-CPU" sei, aber aus Sicht eines Programmierers interessiert nur die Breite der beim Programmieren nutzbaren Register. Daher sind der QL mit seinem 68008, ebenso wie der etwa gleichzeitig erschienene, sechsmal so teure Apple MacIntosh mit seinem 68000 Prozessor echte "32-bit-Computer", und unterscheiden sich markant von 8-bit-Computern (z.B. mit Z80A-CPU) und 16-bit-Computern (z.B. mit 8086- oder 8088-CPU).

Hinweis: der Hauptunterschied zwischen dem 68008 und dem 68000 ist, dass obwohl beide intern 32 Adressbits verarbeiten, bei der ersten CPU nur 20, bei der zweiten CPU nur 24 Adressleitungen nach außen elektrisch angeschlossen sind. Das bedeutet, dass die 68008 CPU nur auf maximal 1 MiB, und die 68000 CPU auf maximal 16 MiB Speicher zugreifen kann. Der zweite Unterschied ist die unterschiedliche Breite des Datenbusses, das hat zur Folge, dass eine 68008 CPU im Schnitt etwa 15% langsamer arbeitet als eine gleichschnell getaktete 68000 CPU, weil bei der ersteren die Zahl der Speicherzugriffszyklen vermehrt ist (die aber wiederum nur den kleineren Teil aller notwendigen Takte ausmachen).

von vorne:

Alle QL-Modelle enthalten standardmäßig zwei integrierte Sinclair-spezifische "Microdrive"-Laufwerke, deren Öffnungen rechts erkennbar sind, sowie ganz rechts (hier nicht sichtbar) einen speziellen Edge-Connector zum Anschluss von bis zu 6 weiteren externen Microdrive-Laufwerken. Daneben befindet sich die (hier ebenfalls nicht sichtbare) Reset-Taste. Auf der linken Seite befindet sich ein Universal-Busanschluss (Expansion Slot) für Erweiterungen aller Art. In ihm steckt hier gerade ein Floppycontroller, der teilweise herausragt und "QL-schwarz" verkleidet ist.

von hinten:
   
Der englische QL hatte hinten anstelle der DIN-(SubD)-Buchsen und -Stecker vier britische Telefonbuchsen (2x Linkstyp, 2x Rechtstyp) und anfangs keinerlei Beschriftung.
Für die britischen Telefonbuchsen gab es Adapterkabel zum SubD-Standard. Im unteren Bild ist dank abgenommener Blende auch der Edge-Connector für ROM-Module sichtbar.

Die Anschlüsse sind von links nach rechts: 2x Netzwerk-Anschluss "NET", "NET", Anschluss für das externe Netzteil "POWER", runder DIN-Kombistecker für RGB und 2x Composite Video "RGB", RF-Ausgang zum Anschluss von Fernsehern über den Antenneneingang "UHF", 2x serielle Schnittstelle RS232C "SER1", "SER2" - SubD weiblich oder BT-(British Telecom)-Plug/Linkstyp, 2x Joystick-Anschluss "CTL1", "CTL2" - SubD männlich oder BT-Plug/Rechtstyp, durch Plastikblende abgedeckter Edge Connector für eine 16 KiB ROM-Erweiterung "ROM". Die englischen QL haben statt der vier SubD-Buchsen für die seriellen Schnittstellen und die Joysticks vier kleinere "englische Telefonbuchsen", für die aber Adapterkabel mit SubD-Buchsen erhältlich waren. Unten am QL sind die beiden abnehmbaren Plastikfüße zu sehen, die dem QL auf dem Schreibtisch eine griffgünstigere Schräglage geben sollten (die ersten, noch in England hergestellten QLs hatten drei solche Füsse, die späteren "Made in Korea" nur noch zwei).

Besonderheiten des Sinclair QL:

  1. die teils originellen und neuartigen Hardware-Konzepte von Sinclair, wie etwa
    der hochmoderne 32-Bit-Prozessor von Motorola (für Privatleute damals nur im Sinclair QL und in Apples MacIntosh verfügbar),
    die mit 512 x 256 Bildpunkten in vier Farben für damals beachtliche Graphikfähigkeit (der MacIntosh bot damals 512 x 342 Bildpunkte, aber nur in schwarz und weiß),
    die vier Anschlussmöglichkeiten für Displays (via Digital-RGB, PAL-Composite-Video, monochromes Composite-Video, oder via Antenne/UHF),
    das fertig eingebaute Netzwerk für bis zu 63 QL (Kabel reinstecken, mit z.B. dem Befehl "NET 17" die ID 17 zuweisen, fertig),
    das hoch-effiziente Plug-and-Play-Konzept des QL (automatische Adressen-Kaskadierung, ROM-gestützte Treiber, kein "Installieren" erforderlich),
    die Microdrive-Laufwerke mit je 110 KiB (2 Laufwerke standardmäßig im QL eingebaut). Mit diesen habe ich einmal einen aufschlussreichen Performance-Test durchgeführt.

  2. das hochinteressante Betriebssystem, das vom damaligen Sinclair-Mitarbeiter Tony Tebby entwickelte Sinclair QDOS mit echtem präemptivem Multitasking und einfacher Fenstertechnik. Es wurde durch Kommandos bedient, ohne Maus.
    ( Bitte nicht mit dem vergleichsweise primitiven MSDOS-Vorläufer verwechseln, der ebenfalls QDOS hieß!)

  3. der zusammen mit dem Betriebssystem im ROM enthaltene BASIC-Interpreter für das weiterentwickelte SuperBASIC mit Unterstützung von lokalen Variablen, rekursiven Prozeduren, Parametern, strukturierter Programmierung, und unerreicht mächtigen String-Operatoren.

  4. der klug gewählte westeuropäische Zeichensatz. Dieser galt einheitlich für die englische, deutsche, französische, italienische, spanische und schwedische QL-Version, so dass ein auf einem beliebigen QL eingegebener Text auch auf jedem anderen QL wieder genauso aussah. Alle Zeichen, die die jeweilige landesspezifische Tastatur nicht als Taste vorsah, konnten durch einen Doppel- oder Dreifachgriff herbeigerufen werden.

  5. das mit dem QL gebündelte professionelle Office-Paket von Psion (damals sagte man dazu "Business Suite"): es umfasste den WYSIWYG-Texteditor QUILL, die Tabellenkalkulation ABACUS, das Business-Grafik-Programm EASEL (Balken- und Tortendiagramme), sowie das mit DBASE II vergleichbare Datenbankprogramm ARCHIVE.

  6. das mit dem QL ausgelieferte beachtlich umfangreiche, schwarze Handbuch in Form eines DIN-A4-Leitz-Ordners: in diesem wurden sowohl die im QL steckenden Konzepte erläutert als auch QDOS, SuperBASIC, und die Bedienung der vier Programme im mitgelieferten Office-Pakets von Psion.

Die Geschichte der kurzen Sinclair-Marktpräsenz mit dem Sinclair QL (1984 - 1986)

Der 12 Tage nach dem Sinclair QL der Öffentlichkeit vorgestellte MacIntosh setzte mit seiner Maus-gesteuerten graphischen Bedienoberfläche einen Trend, der den zwar ebenfalls mit einer graphischen Oberfläche ausgestatteten, jedoch ohne Maus durch Kommandos gesteuerten Sinclair QL bald ins Abseits stellte. Die mit Digital Research im Sommer 1985 geführten Gespräche über die Ausstattung des QL mit GEM scheiterten, und bald darauf ging es aufgrund schwerwiegender Management- und Marketingfehler mit der Firma Sinclair steil bergab. Im April 1986 wurde Sinclair schließlich weitestgehend - mitsamt allen QL-Rechten - an den Erzkonkurrenten Amstrad verkauft, der die (von Amstrad) ungeliebte QL-Linie sofort und ersatzlos auf Eis legte.


Technische Spezifikation der Sinclair QL Computer
     
Sinclair QL Modellübersicht (1984 bis 1986)

Nach dem unerwartet abrupten Untergang der Firma Sinclair und der Nichtweiterführung des QL durch Amstrad hätte man eigentlich das "Ende des QL" erwartet, jedoch hatte der QL in seinem kurzen Markt-Leben so viele Benutzer begeistert, dass sich in den Folgejahren ein eigener, wenn auch kleiner Markt aus eingefleischten QL-Benutzern bildete, die dem QL treu blieben und aus eigener Kraft sowohl Hardware- als auch Software-Folgeprodukte für den QL entwickelten und produzierten - die Fangemeinde ist offenbar bis heute nicht ausgestorben.

Weblinks (ohne Gewähr) für weitergehende Information zum gegenwärtigen Stand der QL-Welt:

einschlägige QL-Fan-Seiten von:
Peta Jäger, Marcel Kilgus und Dilwyn Jones

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